Installation

Meine Installationen der Jahre 2010, 2011 und 2012 bezogen sich auf belletristische Texte, Sagen und Überlieferungen. Ich entwickelte dafür den Begriff „Malerei auf skulpturalen Bildträgern“. Figurative, bemalte Holzstelen wie in „Traumpfad“ oder figürliche Stahlblechschablonen wie in „Das gute Glück“ bilden die skulpturalen Gliederungselemente der Rauminstallationen. Dabei bleibt die Malerei als künstlerisches Ausdrucksmittel mein zentrales Anliegen. Indem ich mit den bemalten Elementen einen Raum in der Natur gestalte, erobere ich mir eine Perspektive über die Leinwand hinaus. Ich ermögliche den Betrachtern das reale Betreten eines Raumes, den meine Interpretation der Textvorlage geschaffen hat. Sie können sich darin bewegen und meinen Gedanken und Empfindungen buchstäblich folgen, um das Szenario mit ihren eigenen Assoziationen zu beleben.

Weitere wesentliche Aspekte dieser Installationen sind die Einbeziehung der Natur und die Einzigartigkeit der Gesamtkomposition. Alle Arbeiten entstehen in enger Verflechtung mit den räumlichen Gegebenheiten, so dass sie nicht ohne weiteres an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden können. Wo dennoch einmal Elemente einer bereits vorhandenen Installation zu einer neuen Komposition zusammengefügt werden, entsteht ein völlig anderer, eigenständiger Erlebnisraum.


Brunnenplatz und Wassertempel

Eine Installation am Kunst- & Literaturpfad Loreley 2012

Seit Urzeiten haben die Menschen eine besondere Beziehung zum Wasser: Ursprung des Lebens, rituell verehrt, mit Tabus belegt, mythenumrankt und märchenverwoben. In der ganzheitlichen Sicht der Steinzeitmenschen ist Wasser eine Wesenheit der großen Göttin, als deren Symbol der Bannblick ihrer Augen gilt.

Die Edda berichtet vom Urdbrunnen unter dem Weltenbaum Yggdrasil. Die drei Nornen hu¨ten den Brunnen, pflegen den Weltenbaum, gießen ihn und weben die Schicksalsfäden der Menschen. Orakel aus spiegelnden Quellen oder strudelnden Wassern waren deshalb weit verbreitet. Wasser kann zu Heilwasser werden, wenn man es wie das Ostarawasser zur richtigen Zeit schweigend schöpft und anwendet. Und ein Bad im Rhein, an Quellen und Brunnen zur Sommersonnenwende galt lange als besonders wirksam. Fu¨r Abrahams Brunnenplatz hat die Ku¨nstlerin diese alten Riten und Bräuche auf Leinwand gemalt und in Anlehnung an Kirchenfenster farbverändert und halbtransparent auf Acrylglas drucken lassen. Im wechselnden Licht wirken die Szenen wie geisterhafte Erscheinungen aus einer längst vergangenen Welt.

Die Installation folgt dem ganzheitlichen Wesen der urzeitlichen Göttin: Erde ist am Brunnenplatz reichlich vorhanden. Wasser fließt aus dem Rohr, wird im Brunnen gesammelt und läuft in einer offenen Rinne ab. Die Säule des Tempels ist ein altes Abluftrohr, das symbolisch mit luftigen Farben bemalt ist und so das dritte Element verkörpert. Feuer findet sich in der Kerzenflamme und in den Strahlen des Bannblicks, die schon auf Felsbildern die Sonne darstellten.

Die Ku¨nstlerin erklärt den Brunnenplatz zum Wassertempel. So erinnert sie uns daran, dass Wasser noch immer ein kostbares Gut ist. Denn es heißt: In Träumen, Spiegeln und Wasser trifft man den Himmel und die Erde.

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Fenster

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Wassertempel

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Bannblick der großen Göttin

01

Tempelfenster


„Lass deine Seele fliegen“

Installation anlässlich des 10. YAM-Festivals 2012 auf der Neuwagenmühle in Kördorf/Rheinland-Pfalz

„Kunst in Gottes Garten“ lautet das Motto des YAM-Festivals, das im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz im Jahr 2012 veranstaltet wird. Die 300 Jahre alte Wassermühle im Jammertal ist umgeben von dichtem Wald.

Die Installation ist konzipiert für ein Waldstück am Bach hinter Udo Havekosts „Church of Fear“, einerseits im Dialog mit dem Bauwerk, andererseits als Kontrast dazu. Die Stelen entstammen der Installation „Traumpfad“, werden hier jedoch in ganz anderem Zusammenhang und in Beziehung zu diesem Standort arrangiert, so dass sich eine vollkommen neue Situation ergibt. Zwei Wächter, einer am Zugang hinter der Kirche, ein zweiter am Hang, der vom Wanderweg her abfällt, markieren den Ort. „Die Körperlose“ erscheint wie ein Wassergeist vom Bach und ist am Abzweig des Pfads, der zum Wasser führt, zur Ruhe gekommen. Zentrum der Installation sind die drei „Seelenvögel“, die einerseits den Rhythmus der drei schmalen, senkrechten Fenster der Kirche fortführen, andererseits in ihrer Adorantenhaltung das Aufwärtsstreben der Bäume betonen. Der blaue Holzblock lädt zum Sitzen ein. Hohe Stämme ragen ringsum zum Himmel, der Bach plätschert, Vögel zwitschern, es riecht feucht und erdig. Der Besucher könnte den Eindruck gewinnen, er sei allein in der Natur. So kann die Installation zu einem Ort der Stille und Meditation werden.

01

Lass deine Seele fliegen 2012

02

Ein Wächter

01

Seelenvögel und Church of Fear

03

Die Körperlose

01

Winter 01

02

Winter 02

03

Winter 03


»Das gute Glück« - Installation von Sylvia Catharina Hess am Kunst- & Literaturpfad Loreley 2011

21teilige Installation (2010/2011) aus 8 mm Stahlblech, verzinkt, teils rostpatiniert und lackiert, teils bemalt , montiert auf Sockel aus 10 mm Stahlblech oder Eisenrohr, verzinkt und bemalt, sowie Acrylplatten verschiedener Formate, hintermalt und z. T. beschriftet

In seinem Gedicht „Die blaue Blume“ (1818) besingt Joseph von Eichendorff einen rastlosen Menschen, der suchend durch Länder und Zeiten wandert, ohne je sein Ziel zu erreichen, den Standort der blauen Blume: „Ich suche und finde sie nie“. Die blaue Blume erscheint dem Suchenden als Sinnbild für sein „gutes Glück“. Diese realitätsferne Hoffnung auf einen Zustand besonderen Glücks bezieht er auf den Roman „Heinrich von Ofterdingen“, den der Dichter Novalis 18 Jahre zuvor geschrieben hatte.

Die blaue Blume machte Karriere: in Literatur und bildender Kunst wurde sie zum Symbol der Sehnsucht. Auch die Wandervogelbewegung griff dies auf und machte sie in vielen Gedichten zum Sinnbild für die Sehnsucht nach der Ferne. So wie Novalis sie verstand, dürfte die blaue Blume aber eher für die Sehnsucht nach der Einheit von Realität und Traumwelt gestanden haben. In dem Traum von der blauen Blume erscheint in der Mitte der Blüte ein Mädchengesicht und versinnbildlicht so die Liebe. Sie ist für die Romantiker Grundlage des Denkens. Im extremen Individualismus der Romantik verkörpert das Selbst allein Fühlen und Denken: Es ist das, was über sich nachdenkt; das, was fühlt (und über dessen Gedanken oder Gefühle andere nachdenken); und schließlich ist es das Ergebnis der Reflexion über sich selbst: eine Art höheres Ich.

Die Installation bezieht ihre Spannung aus diesen beiden Sichtweisen.

01

Gesamtansicht

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Heinrichs Perspektive

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Du findest es allein in dir

04

Blick zum Weg

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Figur mit Textband aus Acryl


Besuch (La Visite)

Eine Installation Galerie Plein Ciel 2010, Fondation SyRo d'Arts Lautenbach-Zell (Nähe Colmar), Elsass

5 figurativ bemalte Stelen, Fichtenholz auf Stahlsockeln: ein Bote - ein junges Mädchen - eine Frau - eine weitere Frau - ein Mann

Bringt der Mann mit dem großen Vogel auf dem Kopf die Kunde von sich näherndem Besuch? Vier Menschen, zwei Frauen, ein Mann und ein junges Mädchen, schauen ihm entgegen. Ihr Mienenspiel reicht von offener Freundlichkeit bis hin zu ängstlicher Unsicherheit, Erwartung und Anspannung. Wen kündigt der Bote an?

Oder ist alles ganz anders? Der Bote ist ähnlich gekleidet wie die Menschen in der Gruppe. Sind diese auf dem Weg, jemanden zu besuchen, und haben den Boten vorausgeschickt, sie anzukündigen? Mit welcher Antwort kehrt er zu ihnen zurück? Sind sie willkommen, lehnt man sie ab?

Wer besucht hier wen?

Fremdartig wirken die Figuren auf den Betrachter. Auffallend ihre eigenartigen Kopfbedeckungen, die Farbe der Kleidung ist unauffällig. Woher kommen sie? Ihre Gesichter sind menschlich, und doch sind sie keiner bestimmten Kultur zuzuordnen.Auch die Beziehung zwischen den einzelnen Figuren bleibt unklar. Vereinzelt stehen sie, jede für sich, und doch bilden sie eine Gruppe, drücken Zusammengehörigkeit aus.

Die Installation wirft Fragen auf und bietet keine Antworten. Sie scheint eine Geschichte zu erzählen, die letztlich der Betrachter selbst (er)finden muss.

01

Besuch Gesamtansicht

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Frau 1

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Mädchen

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Frau 2

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Mann

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Bote


Traumpfad - nach dem Gedicht „Traumweg“ von Harald Braem

Die Installation „Traumpfad“ war Teil des Kunst- und Literaturpfades Loreley 2010, der von 8 Künstlerinnen und Künstlern gestaltet wurde.

16 figurativ bemalte Stelen: Die vier Wächter - Die beiden Torhüter - Das Kind: Anfang und Ende - Die sechs Weisen: die Zweiflerin, der Maskenmann, der Ahne - die Körperlose, der Geduldige, der Alte - Die drei Seelenvögel - 1 Baumstumpf als Sitz - 1 bemalte Plexiglasplatte mit dem Gedicht und dem Namen des Autors

Die KLP-Station „Traumpfad“ spielt mit der Möglichkeit, sich einmal zurückzuziehen und sich auf eine Reise zu den eigenen Träumen zu begeben, den lang gehegten, vergessenen, nicht verwirklichten oder aus Angst nicht gelebten.

Die Figuren sind gleichzeitig fremd und vertraut, sie scheinen aus einer anderen Welt zu kommen. Der „Traumpfad“ entführt den Betrachter in die Welt des Traums. In der Psychologie spricht man vom Traum als einer „bizarren oder halluzinatorischen mentalen Aktivität“, die stets mit einer Serie von Bildern einhergeht. In ihnen wird real Erlebtes, Gedachtes, Gelesenes und vieles mehr neu, anders und in ungewöhnlicher Weise zusammengesetzt, was immer wieder zu Erkenntnissen beim Erwachen führen kann.

Dass das Leben ein Fluss ist, in dem ständig Neues entsteht; dass man mutig seine Ängste überwinden kann, um seine Träume zu leben, und dass das alles seit uralten Zeiten so ist, das kann man erfahren, wenn man sich auf die Installation einlässt. Vom Wanderweg her gesehen präsentieren sich die Stelen wie auf einer Bühne, ein Trampelpfad lädt zum Betreten ein. An vier Wächterfiguren vorbei steigt man einen Hang hinauf und erreicht zwischen den Torhütern hindurch das Feld der Weisen und Seelenvögel. Die Besucher sind eingeladen, die Figuren zu umkreisen, da ihre Rückseiten mit Textfragmenten aus dem Gedicht und Assoziationen der Künstlerin dazu beschriftet sind. Der Sitzplatz lädt dazu ein, Platz zu nehmen und seine Seele mit den „Seelenvögeln“ auf die Reise zu schicken, dem Leben und den Träumen in Gedanken nachzuhängen. Und wer die Installation wieder verlässt, erfährt im Äußeren, was in der zentralen Aussage des Gedichts als stetiger Wandlungsprozess gemeint ist: „Leben heißt ankommen und gehen“.

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Das Kind und die Weisen

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Aufgang zur Installation mit Wächtern

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Pforte zum Traumpfad

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Ausblick

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Vernissage KLP 2010

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mit Gastkünstlerin Bosuk Lee

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Sylvia Catharina Hess und Seelenvögel